Leitzinserhöhung der EZB

Im heurigen Sommer konnten wir den Überschriften vieler Zeitungen entnehmen, dass die EZB mit Wirkung vom 27. Juli 2022 den Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte von 0 % auf 0,5 % erhöht. Doch was bedeutet das eigentlich?
Unmittelbar bedeutet es, dass sämtliche Geschäftsbanken, die sich Zentralbankgeld von der EZB leihen, ab 27. Juli diese Kredite nicht mehr „gratis“ bekommen, sondern einen Zinssatz von 0,5 % bezahlen müssen. In weiterer Folge bedeutet es, dass die Geschäftsbanken diese Verteuerung um 50 Basispunkte an ihre Kundinnen und Kunden weitergeben werden. Es steigen somit nicht nur die Kreditzinsen, sondern auch die Einlagezinsen. Und hier kommen wir – also Sie und ich – ins Spiel.
Auf der einen Seite bieten uns Geschäftsbanken höhere Sparzinsen, wenn wir unser Geld bei der Bank einlegen. Auf der anderen Seite verlangen sie höhere Kreditzinsen, wenn wir einen Kredit aufnehmen. Beides bewirkt, dass wir einen größeren Anreiz haben, unser Geld zu sparen und einen kleineren Anreiz haben, es kreditfinanziert auszugeben. Und wenn die EZB die Zinsen zukünftig weiter anhebt, werden diese beiden Anreize verstärkt. Wir werden also mehr sparen und weniger ausgeben. Das heißt, unsere Konsumausgaben werden ebenso wie die Investitionsfreudigkeit der Unternehmen gedämpft. Sinkt damit die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen im Vergleich zum Angebot, so senkt das die Preise.
Und das ist genau, was die EZB erreichen will. Die EZB verfolgt ein Preisstabilitätsziel, demzufolge sie mittelfristig eine Konsumentenpreisinflation von 2 % gewährleisten will. In den letzten Monaten sind die Inflationsraten im Euroraum jedoch über 9 % geklettert, womit sie deutlich über dem Inflationsziel liegen. Da Geldpolitik jedoch – wie oben bereits angedeutet – über eine längere Wirkungskette arbeitet und es einige Zeit dauern wird, bis sie einen dämpfenden Effekt auf die Preise ausüben kann, sind es nicht die aktuellen Inflationsraten, die ihr Handeln treiben, sondern Inflationsprognosen. Aktuell liegen die Prognosen für die Konsumentenpreisanstiege in den Jahren 2023 und 2024 bei 3,5 % bzw. 2,1 %. Wir können also davon ausgehen, dass im heurigen Jahr noch weitere Leitzinsanhebungen folgen werden.